Stephen King, Die Arena: Kurzrezi

Wenn man vom 26C3 zurück nach Dortmund muss, auf dem Berliner Hauptbahnhof recht knapp ankommt und dann noch eben schnell was zur Lektüre shoppt, weil man sich noch nicht an den Gedanken gewöhnt hat, dass man im Zug ja auch Filme auf dem Rechner gucken kann, dann sitzt man mit dem neuen King da und denkt in der ersten ruhigen Minute im Zug „Scheiße, zumindest das Taschenbuch hättest ja abwarten können“. Die Steckdose an meinem Platz war dann die halbe Fahrt ohne Strom, aber auch so hätt ich wohl viel gelesen und wenig Film geguckt. „Die Arena“, original „The Dome“ ist ein guter King. Es gibt viel schlechtes von ihm und auch fürs Gute muss man ihn halt auch mögen, aber das fällt bei „Die Arena“ leicht.

Kurz die Standards: „Die Arena“ ist spannend, trotz über 1200 Seiten rasant und selbst für King-Verhältnisse mit einem eindrucksvollen Bodycount gesegnet. Ebensokurz die Story: Eine Kleinstadt befindet sich plötzlich unter einem undurchdringlichen Schirm, der allenfalls ein wenig Luft durchlässt. Und selbstredend drehen die Leute durch. Ganz kurz zur Pointe: Schwachpunkt. Einer der wenigen des Buchs.

Länger zu einem ungewohnt engagierten King. Man muss dazusagen, dass ein „engagierter King“ immer noch mitten im US-Mainstream steht und er in Sachen unter- oder mitelschwelliger Gesellschaftskritik natürlich weit ab von Leuten wie Matt Ruff oder Tom Robbins steht, aber er erreicht ne Menge Leute und kickt dabei ein wenig Inhalte, die einige reaktionäre Säcke nerven werden, und das rechne ich ihm an.

Da ist natürlich einmal die ganze ökologische Kiste. Die dient im Buch natürlich erstmal der Dramaturgie, aber grade deswegen ist sie ein wirklich netter Aspekt an der ganzen Geschichte. Eine Gesellschaft unter der Glasglocke, die bis zum Krepieren munter den fossilen Kram verheizt und – nicht durch die Bank, aber in weiten Teilen – auf das Wunder von droben bzw. draußen hofft, das den Dreck wegmacht. Das schwebt über der Story, nicht aufdringlich, aber da. Ich finds prima.

Das andere und sehr präsent vorgetragene: die allgegenwärtig untergründig faschistoide Kleinbürgerlichkeit, die trotz des Ausnahmezustand im Buch nicht so wirkt, als bräche sie sich nur bei extremeren Anlässen ihren Weg in die reale Umsetzung. Klar kennen wir den Ruf nach dem starken Mann aus Geschichte und Fiktion gleichermaßen, und natürlich hat jeder in der Oberstufe seinen „Herr der Fliegen“ gelesen, aber King hats gut und anschaulich rübergebracht und ich denke, noch mehr als hierzulande werden die US-Leser da den einen oder anderen Nachbarn wiedererkennen. Und er erreicht ne andere Zielgruppe :o)

Generell ist alles nichts neues, diese Analyse des kleinstädtischen, kleinbürgerlichen Millieus in der populären Literatur kennt man beispielsweise auch von P.K.Dick. Auch bei King passierte es schon gelegentlich, dass „die anderen“ oft genug grusliger sind als welches übernatürliches Grauen auch immer. Und totalitäre Regimes gibts ja bei King genug, angefangen mit „Todesmarsch“ und „Running Man“ bis zum Reich des wandelnden Gecken in „The Stand“, aber irgendwie hab ichs bisher nie so „nah dran“ an der kleinbürgerlichen Realität gelesen bei King. So offensichtlich für die Leute zum sich wiedererkennen oder drin einzuordnen und sich vielleicht auch selber zu fragen, wie sie es fänden (oder wie sie es nennen würden), wenn ihr Bürgermeister unter der Glasglocke mit dem Hummer rumheizt und eine Privatarmee aushebt.

Das ganze dann schön durchgehalten, in eine spannende Story verpackt, in der trotz kaum zu übersehender Personalbesetzung und hohem Tempo die besagten Messages locker nebenbei gekickt werden, in einer unaufdringlichen Deutlichkeit, die ich King hoch anrechne. Die Arena ist außerdem einfach ein solider King, der in der Liga „The Stand“ mitspielt und „Es“ nur knapp verfehlt. Disclaimer dazu: meine Lieblingskings sind „Shining“, „Schwarz“ und „Todesmarsch“. Aber ich würd trotzdem dazu raten, das Taschenbuch abzuwarten.

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2 Responses to Stephen King, Die Arena: Kurzrezi

  1. dopsen sagt:

    nur kurz zum Plot mit der Kleinstadt unter der Glaskuppel: schonmal Simpsons – the movie gesehen?

  2. Avatar-Foto Korrupt sagt:

    *auflach*, jetzt, wo du mich dran erinnerst, eine naheliegende Assoziation. Hihi, unter der Perspektive muss ich den direkt mal wieder angucken.
    King mag man trauen, wie man will, im konkreten Fall tu ichs: er behauptet, den Plot schon seit dem vorigen Jahrhundert mit sich rumgetragen zu haben, und er hätte sich insbesondere deshalb nicht an das Buch getraut, weil die Recherche zu klimatischen und ökologischen Bedingungen unter der Kuppel zu komplex gewesen sei. MaW, seine Idee datiert vor den Simpsonsfilm, aber unabhängig davon halte ich sie nicht für derart originell, dass man nicht auch einfach so drauf kommen kann.

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