Der Deutsche und das Laub…

…hat ein gespanntes Verhältnis zueinander, Wiglaf Droste schrob da letztens irgendwann mal in der taz einen schönen Text, in dem es um den Verlust der unmittelbaren Interaktion Mensch-Laub im Herbst ging. Vom Zusammenrechen zum Zusammenpusten mit den guten Stihl-Produkten hin zum Laubsauger ist da eine ziemliche Entfremdung eingetreten. Mit der konnte ich eigentlich gut, das ist ja auch eine der Sachen, die man nicht mitmachen braucht.

Bei mir gings mit der unmittelbaren Interaktion da aber auch ziemlich bergab. Ich bin wenig in Kirchheim, die Obst- und Weinstücke sind weg, und wann ich mein letztes Bündel Ruten in den Häcksler geschoben oder gar in den Holzkeller für den großmütterlichen Ofen geschmissen hab, nun, das geht inzwischen wirklich gut mit „Kindheitserinnerung“ zu taggen.
Nun ja. Die Welt dreht sich weiter, und manches kann man halt nicht mehr machen. Schade, aber so ists nun mal. Darauf wollt ich eh nicht raus, sondern ich wollte eine erste Kurve kriegen zu Leuten, die an sich meine Sympathie haben, ich vermute mal, es sind HIV-Ein-Euro-Jobber, die an sich noch im Sommer, im SOMMER! angefangen haben, Laub zusammenzupusten. Da fiel so das eine oder andere Blatt, das muss natürlich entsorgt werden.
Ob mit den guten deutschen Stihl-Produkten weiss ich nicht, ich muss auf einer ungeschickten Station ihrer Tour zu liegen, will meinen, einer der ersten. Einige Wochen lang wurde ich regelmäßig vom Lärm der Laubgebläse geweckt, ich war nicht einverstanden, aber meine große Gelassenheit läßt mich auch im Wiederholungsfall im Bett liegenbleiben, auch wenn mich erst das Genervtsein und dann die Grübelei erfassen, ob unsere modernen Zwangsarbeiter wenigstens Gerät unseres ehemaligen DIHT-Präsidenten einsetzen.
Wie auch immer, das Laubgeblase hat in der letzten Zeit merklich nachgelassen. Ich begrüße das, die Tour scheint nicht einfach nur ne andere zu sein, die Frequenz ist einfach gesunken.
Das ist als Moppedfahrer jetzt schon wieder so ne Sache, aber ich muss zugeben, ich fahr lieber sachte durch Laubfall, wie dass ich mich morgens von Leuten wecken lasse, die ebenso gern wie ich grade eigentlich eher schlafen möchten.

In der Fahrschule hats uns Dieter eingebläut, Laub ist böse. Die alte Geschichte, man hat nur zwei Räder mit weniger Kontaktfläche wie das PKW-Äquivalent, und wenn da dann noch Laub drunter ist, dann ist das von Ybel. Ergo, Laub mit allerhöchster Vorsicht befahren, vor allem, wenns nass ist.

Jetzt ein ganz anderer Bogen, mit dem ich das bisher geschriebene möglicherweise relativiere, was aber irgendwie mit dem Gesagten zusammenhängt. Ich hab nen lieben, alten Herrn hier in der Straße, der sein Moped (ja, Moped) nicht weit von meinem Mopped parkt. Man sieht sich gelegentlich des Morgens, wechselt ein paar Sätze, dass man grade wieder (oder eben nicht mehr so) fahren kann auf den zwei Rädern, er fuhr früher auch dickere Sachen, konnte ich in Erfahrung bringen, aber inzwischen halt nur noch das Kleinkaliber. Das aber regelmäßig und mit Begeisterung, ich find das ganz großartig.
Letztens jetzt auch gemeinsam bei den Gefährten angekommen, und sich wie oft guten Morgen gesagt und gute Fahrt gewünscht und festgestellt, dass wieder härtere Tage kommen werden.
Ja, die kommen, sagte er, ich dachte eher an die Klamotten, und dann kam die Geschichte, er hätte vor ein paar Jahren beim Moped abstellen das Laub unterschätzt, sei druntergefallen, Schenkelbruch.
Ja nun, und da dachte ich dran, dass ich wirklich vorsichtig sein sollte beim Laub jetzt im Herbst, aber was ich da einfach klasse fand, war, dass da jemand die Geschichte erzählt und im Herbst auf sein Moped sitzt und losfährt. Hinfallen, aber aufstehen und wieder auf die Kiste sitzen, auch wenn das Gerät ein paar Kubik weniger hat. Das schien nie die Frage gewesen zu sein, wegen sowas damit aufzuhören, und wenn ich alt werden würde, würd ich das auch gerne können.
Was ich nebenbei an sich durchaus schon mitbekommen habe, Himmel. Aber da wars zum ersten Mal, denke ich, bei ner Sache, wo ich jetzt auch mit meinen Anfang dreißig denk, nein, die magst dir nicht wegnehmen lassen, und da müßt mehr passieren wie ein gebrochener Knochen. Ich fands schön. Gute Fahrt, da draussen. Grade auch zwei, drei Häuser weiter.

Kategorie: das richtige leben im falschen. permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert