Ein wenig Technik- und Medienskeptizismus…

…und keine Angst, ich halte Cliff Stoll immer noch für einen Vollidioten und das Internet für eine großartige Erfindung. Dass die Wechselwirkungen zwischen Technik und Gesellschaft eigentlich seit der Uni ein Steckenpferd von mir sind, fiel mir letztens wieder ein, als ich einen Werbespot sah, der mir gelinde gesagt den Unterkiefer runterklappen liess. Es ging um irgendeine Hautpflegecremescheisse, schon beim Wirkstoff, der irgendwie nach „Pro-Gen-Irgendwas“ klang, horchte ich auf, und dann wurde noch in Richtung „Mit modernsten Wirkstoffen aus der Genforschung“ nachgeschlagen, und ich so „Häh?“. Damit kann man Werbung machen?

Dann dachte ich mir, na, einleuchtend eigentlich. In einem Bereich (Kosmetik), der eben so nah wie möglich an einem einigermaßen „akzeptierten“ Bereich der Genforschung (Medizin) ist, wird eben eine Technologie mit einigem Risikopotential als neue Normalität, ja Fortschrittsmaschine gepriesen, die alles viel besser und toller macht – vom Risiko zum Aushängeschild, ein wenig erinnerts mich an die Anzeigen für gesundes Wasser mit extra viel Radium drin oder das gute Merck-Heroin, oder von wem das nochmal war.

Nun bin ich ja ein großer Freund der „Normalisierung“ von Technologie. An sich ist das beobachtete „Its not a Bug, its a Feature“ ja auch nichts neues, und ich kann mir aus dem Bauch raus auch nicht ganz erklären, warum mich *das* gruselte, während ich bei einem Dieser Bahnhof ist videogeschützt oder den Sicherheitsbeteuerungen der KKW-Mafia und ähnlichem Gesocks inzwischen nur noch müde grinse. Vielleicht, weils noch ein Schauplatz ist, der mir irgendwo gesellschaftlich „durch“ erschien, was die Standpunkte angeht – „medizinische Forschung iO, aber geht weg mit dem Fressen und den Patenten“ – und die Industrie es offenbar doch für möglich und lukrativ hält, da einen Rollback einzuleiten. Noch einen.

Die Richtung ist meines Erachtens nach gut gewählt – wie gesagt, was, was irgendwie auch mit Medizin zu tun hat – und wo die Anwender eben auch gewohnt sind, dass in der Werbung wunder was versprochen und nicht unbedingt gehalten wird. Seltsam find ich die „Plattheit“ des Ganzen – vielleicht hab ichs auch einfach nicht ganz mitbekommen, aber in den einschlägigen Werbekampagnen wird ja oft und gerne mit irgendwelchem pseudowissenschaftlichen blabla gearbeitet, was der Wirkstoff sowieso jetzt exakt tun soll, und da erinnere ich mich hauptsächlich an diese „Ist aus der Genforschung, ergo: klasse“-Message, und ich meine, weil eben sonst auch wenig weiteres gesagt wurde. Kann sein, dass mir da das Gedächtnis nen Streich spielt.

Das wars eigentlich schon. Für sich genommen alles undramatischer Kram. Klar wird agitiert und werden die Trends irgendwie gebogen, wird Akzeptanz und positives Image für potentiell lukrative Märkte geschaffen. Ich weiss nicht, wie „notwendig“ Genforschung im Hautpflegebereich ist, meiner spontanen Vermutung nach brauchts kein Mensch, aber wir wissen ja alle, dass der Kapitalismus in erster Linie Bedürfnisse erzeugt und nicht befriedigt, und dass sowohl Technik wie auch Medien zu diesem Zweck hervorragende Instrumente sind. Dass man das mit einer so negativ behafteten Technologie auf einem Feld machen kann, auf dem das Thema auch nach nur leichtem Nachdenken einfach mal *gar nichts* verloren hat; dass da die Hersteller offenbar so guten Mutes sind, da einen Spin pro Gentechnik zu kriegen, das alles zusammen… nun ja. Ein schönes Halloween euch allen.

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One Response to Ein wenig Technik- und Medienskeptizismus…

  1. madchiq sagt:

    Mh, ich weiss ja nicht, auf was fuer einer Bio-Insel Du Dich gerade herum treibst und mag sein, dass ich die Verwunderung auch gerade missverstehe.
    Vielleicht habe ich aber auch etwas verpasst und der ganze BioWissenschaftshype – Gen-Technik, Reiz-Reaktions-Denken oder vielleicht noch etwas direkter: (Sozial-)Darwinismus – ist in aktuellen Diskursen gar nicht mehr mittig oder wenigstens ungemein ansprechend…

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