SEO-Rückblick 2021: Google verarscht uns, und wir lassens mit uns machen

Tja, was für ein Jahr. Aus SEO-Perspektive fand ichs spannend, und wie meist ist der Auslöser, dass ich ne Branchenbetrachtung schreibe, eine andere Branchenbetrachtung, nämlich die von Searchmetrics. Was da mal wieder erzählt wird, und vor allem, was nicht, nun ja.

Persönlich freue ich mich auf ein Nullerjahre-Revival, als die Branche noch zur Hälfte aus schmierigen Abzockern bestand. Ich fürchte, ein paar SEOs mehr werden auf web3/NFT/Blockchain reinfallen und persönlich ists mir recht, wer sich blamieren will, solls machen und überhaupt, es war ja auch ne coole Zeit. Beipflichtend nicken konnte ich weiterhin beim üblichen Phrasengedresche a la „wird halt mehr KI/Textverständnis“ und „Ja, Speed, Mobile, CWV halt“, ja, klar, da reicht auch ne etwas staubige Glaskugel. Wobei es eigentlich schon bei den CWV losgeht. Ich optimiere gern auf CWV, aber bin ich eigentlich der Einzige, der sich fragt, warum Googles Tools dafür so beschissen sind und sie uns die trotzdem vor die Nase setzen und für „vital“ erklären?

Es mag sich *leicht* gebessert haben, aber was auf ner Seite der LCP ist, hatte im Jahresverlauf vielleicht was mit dem Erdmagnetfeld und dem Flugverhalten unbeladener Schwalben zu tun, aber obs ne Korrelation zu einem, dem einen „Largest Contentful Paint“ einer Seite gibt, ich hätte mein Geld nicht drauf setzen wollen. Beweist mich falsch, ich behaupte, mit einem Gutteil der CWV-Daten sind wir schlicht verarscht worden. Helfen tuts trotzdem, weil ne Seite wird schneller, egal, warum man dran schraubt, aber gelegentlich fragte ich mich schon, ob außer nmir noch irgend jemand mal nicht auf ein paar Zahlen geguckt hat, sondern was der verdammte LCP auf URL Sowieso konkret gerade laut Google *ist* und was er gestern war und morgen wird.

Ich glaube nicht, dass sich da in unserer Branche groß was verändert, aber ich würd mir wünschen, dass wir wieder ein wenig misstrauischer werden. Himmelherrgott, Google kriegt grade einen Arsch voll Klagen an den Hals, weil sie Adwordskunden abgezockt haben und eben mal fett Seiten ausbremsten, die nicht Googles neue hippe „macht-alles-schneller-und-liegt-bei-uns“-Shize namens AMP eingesetzt haben. Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wenn ich nem Kunden empfohlen hätte, mobile AMP auszuspielen, weils schnell ist und von Google geliebt wird, und er wirft da ein paar Entwicklermanntage drauf, und dann kommt raus, einen Dreck ists schneller und im übrigen nur deswegen, weil Google alles andere künstlich ausbremst… Ich sag mal so: der Fall würde mich etwas nachhaltiger beschäftigen. Aber die Sau ist wohl schon durchs Dorf, himmel, Oktober, ist ja schon ne Weile her.

Nochmal: Google hat uns komplett verarscht. Die Adkunden sowieso, die SEOs, die sich den AMP-Stress gaben, weil toll, neu, schnell und mobil, die Kunden, die dafür Geld ausgaben, und die User sowieso, denen bis letzten Sommer schicke Blitzsymbole auf die Handys kriegten, wenn die dazugehörige Webseite schon nicht schneller, aber immerhin zertifiziertes Mobilvoodoo war.

Und vielleicht häng ich jetzt CWV zu hoch, weil verkehrt ist ja nichts, was da empfohlen oder angemahnt wird. Aber mit der Analysequalität live gehen? Alle Welt macht JSON-LD, weils Google gut findet, und ja, ich auch. Machen wir das, damit die Nutzer wirklich klar formulierte Antworten auf Fragen finden? Spielt Google irgendwo Eventdaten aus? Janun, manchmal. Aber wie lang validiert Google schon das entsprechende JSON-Snippet, aber will nach wie vor eine verdammte News in MyBusiness (oder wie heißt Business/Places dieses Jahr nochmal?), damit eine Veranstaltung in der Infobox erscheint? Das ist nicht mal mehr peinlich. „Wir sind die KI-Götter mit Machine Learning und exzellent trainierten Textverständnis-Algos, aber verstehen leider eure maschinenlesbaren Veranstaltungsdaten nicht“, und alle so yeah.

Was wird sich also verändern? Ich hoffe auf ein paar richtig fette und schmerzhafte Klagen gegen Google. Von der ganzen KI-Kiste erwarte ich hingegen praktisch gar nichts. Die SERPs werden ein bisschen besser werden, die Featured Snippets häufiger passend sein, und alles andere wäre auch lächerlich, weil eine komplette Branche seit Jahren Inhalte auf „Google solls kapieren“ ausrichtet und alles in Rich Snippet-Formate packt, was nicht bei drei auf dem Baum ist (ich eingeschlossen). Knackige Definitionen, klare Q/A-Schemata, haha, da fällt mir der nächste Running Gag ein: Featured Snippets und Voice Search.

Voice Search, war ein wenig mein Steckenpferd, das ich aber vermutlich beerdige. Informational ok, aber ich will in die FS, weils Klicks bringt, aus keinem sonstigen Grund. Falls das tatsächlich irgend ein Assistant mal vorliest… so be it. JohnMu himself fragte sich irgendwann dieses Jahr, ob Voice Search so das „nächste 3D TV“ ist, und nun, ich denke, so falsch wird er nicht liegen ja. Vielleicht seh ich das in ein, zwei Jahren wieder anders, aber bis dahin setz ich da ne Schlummertaste. Amazon gibt schlappe vier Milliarden im Jahr für eine Technologie aus, mit der die Nutzer Musik und Licht an- und ausschalten. Auch Google wird an Voice keine Freude haben. Geschweige denn die User, denn die müssen sich immer noch ihre Kommandos merken, damit das richtige Licht ausgeht. Ich würde keinem Voice Assistenten die Kontrolle über meinen MP3-Player anvertrauen. Warum zum Shoppen, warum zum Informationssammeln?

Mein letztes „Wie siehts eigentlich an der VoiceSearch-Front aus und wo gehts hin?“ schrieb ich vor vier Jahren. Heute hab ich den Eindruck, außer, dass Amazon da viel Geld verbrennt, ist nichts passiert.

Von daher leg ich mich fest: 2022 wird MyBusiness oder wie es grade heißt nochmal umgekrempelt und dasselbe Müllfeuer bleiben, das es die letzten Jahre über war. Die SERPs werden geringfügig besser, nur wird man noch weiter scrollen müssen, um sie unter den Ads noch zu finden. Google wird ein paar Verticals weiter ausbauen und hoffentlich dafür verklagt. Irgendwann wird http/3 der neue heiße Scheiß und macht alles schneller, besser und aus Holz. Und am Jahresende klopfen wir uns alle auf die Schulter und freuen uns, dass wir in einer Branche arbeiten, wo die zweifellos klügsten Köpfe der Welt mit der geilsten KI/RZ/Quantenfoo-Technik dran arbeiten, wie man Leute dazu bringt, auf einen Link zu klicken.

Local Guide wohnt eindeutig in Wien.

Local Guide wohnt eindeutig in Wien.

Bonus-LOL: Google, der superintelligente Datenkrake, verknüpft alle Daten, die er von angemeldeten Nutzern kriegt und konstruiert die geilen Nutzerprofile. Außer natürlich, man macht an nem Wochenende ein paar 360°-Bilder. Dann wohnt man schneller in Wien, als man gucken kann. UASY.

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11 Responses to SEO-Rückblick 2021: Google verarscht uns, und wir lassens mit uns machen

  1. Artesia sagt:

    Ich kenne niemanden, der Google noch nutzt. So what. Liegt es daran, dass ich die falsche Leute, im Sinne von nicht relevant, kenne? Mag sein. Aber auch in unserer Firma wird dieser SEO-Diktator von Vorgestern konsequent gemieden. Bei Suchmaschine setzt man auf eine rein europäische Alternative die sich an unsere Gesetze hält. Statt Google-Maps werden Open-Source-Karten genutzt. Statt holprigem englisch von Google-Übersetzter erfreuen wir uns über eine deutlich bessere Alternative, etc. Man kann sich über Google ärgern oder den Konzern verklagen, aber deutlich effizienter ist es, die einfach ignorieren. Einst gehörte es zu gutem Ton, keine Hacks für IE6 in HTML mehr einzubauen. Man wollte dem Miststück endlich das Wasser abzugraben. IE6 kennt heute niemand mehr. Auch Google wird eines Tages völlig irrelevant sein, wenn ihn niemand mehr futtert.

    1. Avatar-Foto Korrupt sagt:

      Löbliche, aber irrelevante Haltung, da muss ich nur in die Logs gucken, wo die Leute herkommen. Ist ein wenig wie die Leute, die Cookies ablehnen. Gibts, aber kann man ignorieren, spielt keine Rolle. Ich bin im Übrigen in Sachen Googlebashing schwer auf meine SEO-Perspektive fokussiert, ich halte Google nach wie vor für die mit Abstand beste Suchmaschine bzw. den besten „Webwissen-Ressourcenlieferanten“. Da ein „von Vorgestern“ zu attestieren ist simples sich-in-die-Tasche-lügen.

  2. jo sagt:

    „Ist ein wenig wie die Leute, die Cookies ablehnen. Gibts, aber kann man ignorieren, spielt keine Rolle.“

    NOCH nicht!

    Aber das ändert sich gerade!
    Und zwar heftig und – weltweit.

    Der Schneider von Ulm spielte auch noch „keine Rolle“ im damaligen Flugwesen …

    1. Avatar-Foto Korrupt sagt:

      Das ist süß und klingt ein bisschen wie „Webnutzer lehnen TCP/IP zunehmend ab“. GA4 braucht auch kein 3rd party mehr, insofern bleibts nicht nur dabei, dass man das getrost ignorieren kann, man kanns an sich noch viel besser ignorieren.

  3. jo sagt:

    @Korrupt
    Lol, „Webnutzer lehnen TCP/IP zunehmend ab“.

    Ja, auch das wird kommen, denn die amerikanischen Protokolle sind ein weltweites Sicherheitsrisiko (Stichwort: Arpa-Net) – das geht wesentlich besser und wir werden es noch erleben, daß von den BRICS-Staaten nicht nur eine neue Weltwährung etabliert wird, sondern auch bessere, sicherere und vertrauenswürdigere Netzprotokolle.
    Im Bereich Betriebssysteme und Funktelefonie ist ja schon einiges in Gang gekommen, ebenso im Bereich GPS. Alternativen sind immer willkommen. Mir hängt die westliche, auf Verarsche, unverfrorener Spionage (siehe US-Gesetzgebung) und Abzocke beruhende (siehe unfreie Hardware und unfreier Microcode) IT-Bananenrepublik (schau Dir mal die Lizenzkosten der Bundeswehr, oder der öffentlichen Verwaltungen an – und die Lizenztexte, was der Hersteller alles „darf“ – da müßten wir noch was rauskriegen – wenn wir nicht vorher wegen Hochverrats verhaftet werden – denn wir stehen vor den Yankees praktisch nackt da! (Siehe Kanzlerinnenhandy-Affaire!) schon seit langem zum Halse raus und ich freue mich auf Neues – z.B. auch im Browserbereich …
    Vielleicht entschließt sich der Bund eines Tages auch, BRICS beizureten, wer weiß …
    Aber das ist schön, wenn Du das alles ignorierst. Weiter so … lol

    1. Avatar-Foto Korrupt sagt:

      Janun, jetzt wirds schwer, dich ernstzunehmen. Tiefere Erkenntnis, auf welchen OSI-Layern welche Security sinnvoll ist, lese ich bei dir nicht raus, nur halt ARPA-Geraune, bei dem dir wohl auch jeglicher Hintergrund fehlt. Netzsicherheit in Russland und Brasilien als Vorbild reinwerfen, klar, kann man bringen. GPS, was zur Hölle, was soll an einem Protokoll unsicher sein, das verdammte Timestamps sendet und sonst nichts? Aber installier dir Brave und sei glücklich.

  4. jo sagt:

    „GPS, was zur Hölle, was soll an einem Protokoll unsicher sein, das verdammte Timestamps sendet und sonst nichts?“

    Da leg mal Dein Handy, oder dein GPS-Gerät ne Woche ganz still auf den Küchenschrank – und dann siehst Du, wie sich das „bewegt“ hat – peinlich, wenn man per Manipulation von GPS-Daten irgendwo in der Welt unbeschreibliches Chaos auf den Straße anrichten kann, wenn man ein Land angreifen will – und z. B. Großbritannien hat im Laufe seiner Geschichte außer Luxembur und die Mongolei noch jedes Land der Erde angegriffen – dicht gefolgt von den USA …

    Daß manche GPS-Geräte „nach Hause telefonieren“ und dabei auch verteidigungspolitisch relevante Daten (Bewegungsmuster, die kinderleicht dann mit anderen daten verknüpft werden können – auch von Bundeswehrangehörigen, Beamten usw.) ins Ausland transferieren hat sich wohl bis zu Dir noch nicht herumgesprochen.
    Aber da bist du in allerbester Gesellschaft! Meine diesbezügliche Anfrage an das Bundesverteidigunsministerium bezüglich seiner Risikobewertung dieser Praxis förderte zu Tage: BVM ist „nicht zuständig“ – „weil die Daten ja im Inland gesammelt werden“!
    Heilige Einfalt!
    Pennt weiter!

    1. Avatar-Foto Korrupt sagt:

      Mit so einer Überzeugung am Thema vorbei Schwachsinn labern ist schon beachtlich, Hut ab. Lass mich raten, du bist bei Digitalcourage?

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