Wegen irgendwas fiel mir „Monty Pythons Complete Waste Of Time“ ein, ein …Spiel? aus Win 3.11/Win95-Zeiten, welches weniger wegen seiner Qualitäten als Spiel denn wegen seiner anarchischen, bruchlos das PC-Zeitalter adaptierenden Umsetzung pythonesquen Humors in positiven Erinnerungen meinerseits blieb. Jedenfalls, unter den irgendwo mal archivierten Isos fand ich auch das ominöse CWOT.iso (hätts nicht gebraucht, siehe gleich). Dann war natürlich irgendwie die Frage „rennt das noch?“ naheliegend.
Aber eigentlich geht es mir um das Netz von früher(tm) und ein paar Gedanken dazu. Deswegen im Schnelldurchlauf: Dosbox kriegt man auf jede vernünftige Linux-Distro mit nem apt install dosbox. Windows 3.11 gibts bei archive.org. Laden, in das Dosbox-Directory reinmounten, installieren. Bei classiocdosgames gibts ne Unterseite mit S3-Grafikkartentreibern und ebensolche für eine Soundblaster-Soundkarte. Auch hier: beides installieren.
Anschließend kann man im Win3.1-Setup via Systemeinstellungen die 1024×768-Auflösung bei 256 Farben anmachen und schwelgt im Luxus. Korrigiere, dann hat man ausreichend Systemanforderungen erfüllt, um die beiden genannten Monty Python-Zeitverschwendungen installieren und spielen zu können. CWOT lag rum, Grail hatte ich auch, aber ich müsst im Keller nach der CD suchen. Es gibt eine Latte allerliebster Abandonwaresites, in meinem Fall wars myabandonware, wobei ich nebenbei noch auf ein (dem Hören nach schwer verbuggtes) „Monty Pythons Meaning of Life“ stieß, von dem ich tatsächlich noch gar nicht wußte. Whatever.
Ich erinnerte mich, dass ich damals beim Spielen von CWOT Probleme hatte, das eigentliche Spiel zu finden. Das ist tatsächlich nicht ganz trivial. Im Gegensatz dazu spielt sich der Holy Grail zumindest in den ersten paar Stunden sehr intuitiv, wobei es auch hier irgendwann sehr schwierig wird herauszufinden, was nun eigentlich konkret im Spielsinn zu tun ist. Es spricht für beide Spiele, dass das zunächst mal vollkommen unerheblich ist und man trotzdem (deswegen?) sehr viel Spaß haben kann. Monty Python zu mögen mag eine nützliche bis unerlässliche Vorbedingung sein, zugegebenermaßen.
That said, ich weiß nicht, wie man beide Spiele ohne umfangreiche und detailierte Anleitung „schaffen“ im Sinne von „wie gedacht durchspielen“ soll. Die Lage in den üblichen Guides schien mir angespannt, und ein Hint Richtung „Bettycat“ warf tote URLs, einmal mehr rettete mich aber das Archiv, das historische Versionen der Bettycat-Website bis heute vorhält, komplett mit PDF-Downloads zu allen Level7-Pythongames.
Ein paar Sachen. Zum einen, wenn ich an Emulation etc. denke, dann fallen mir meist Arcade, C64 und Amiga ein, grade bin ich überrascht, wie mich (ausgerechnet!) ein altes Windows anrührt. In der DOS/3.11-Zeit sind einige lustige Dinge passiert, und sie sind erstaunlich leicht wiederzubeleben.
Zum anderen: die „Small Web“-Melancholie ist das eine – wenn ich eine Seite wie die von Bettycat sehe, geht mir das Herz auf. Da machte jemand eine kleine Seite im Netz, vergleichsweise eng umrissenes Themengebiet, das aber mit einer Liebe und einer durchscheinenden Dynamik, die ist fantastisch. Am Ende vom Holy Grail-PDF findet sich ein kleineres Schlusswort, und darin die Sätze
„When this new Monty Python game came out people asked if I was going to write another hint book. I said “NO NO NO, I got better things to do with my life.” Then one night I found myself sitting at the computer pressing away on the keys, when I looked up at the monitor, there was the start of another book. So I said to myself, “You might as well finish it.”, and so I did and so have you.“
Das trifft eine ganz bestimmte Atmosphäre, an die ich mich auch gut erinnern kann. Und nun will ich gar kein „Ach, früher…“ anstimmen und über durchkommerzialisierte Let’s Plays in 4k auf YouTube jammern, ich bin einigermaßen sicher, da sind auch heute viele Leute mit viel Freude und Herzblut bei der Sache.
Denn um die Melancholie gehts mir eigentlich nicht. Eine ganze Menge von den Sachen ist nach wie vor da, und wenn man es sich genau überlegt, gibts die *Inhalte* auch heute. Tatsächlich lügt man sich ein Stück weit in die Tasche, wenn man nur platt das „Damals gabs mehr schrägen, persönlichen, nischigen Kram“-Klagelied singt, ich glaube, es fiel nur mehr auf, weils das vorher überhaupt nicht gab. Was ich gerne zugebe: er wirkte (und war oft) persönlicher. Heute entsteht der aber nach wie vor. Man sieht es ihm nur nicht immer an, weil die Plattformen drunter eben modern aussehen (und sind).
Ich mag das an einem Beispiel festmachen. Es ist schon einige Zeit her, da spielte ich eher aus Versehen The Beginners Guide und war komplett geflasht. Es fängt damit an, dass ich gar nicht sagen kann, was für eine Art Geschichte es erzählt – ist es lehrreich? traurig? Verschafft es Einsichten, Verständnis, führt es in die Irre, zeigt es, dass Kommunikation unmöglich ist oder nur bedingt wünschens- oder erstrebenswert? Was ist ein Spiel, was ist Kunst? Muss ein Spiel ein Ziel, eine Gewinnmöglichkeit haben? Muss man mit dem Blick auf diese spielen? leben? etwas erschaffen? Will jemand, der Kunst schafft, auch immer etwas mitteilen? Wem? Sehen wir ein Lernen oder ein Scheitern? Was sagt es über uns aus, was wir zu sehen glauben?
Mir ging das Spiel lang nach, ich spielte es ein zweites mal durch, und machte ne Latte Screenies dabei, weil ich mir sicher war, ich müsste noch was drüber schreiben. Dann schaute ich mir ein paar der Communitytexte auf Steam an (Beispiel) und dachte, OK, von allen muss alles nicht gesagt werden. Allein im verlinkten Beitrag sehe ich jeweils mindestens drei Nerdsnipes und Rabbitholes, und die gibts im heutigen Netz.
Ich bin recht sicher, es entsteht heute mehr menschliches, liebenswertes, obskures, persönliches im Netz als in den Small Web-Zeiten der frühen Nuller. Die Medien und Plattformen sind natürlich andere, aber man kann schlecht die Skurrilitäten von Monty-Python-Adventures und ihre Online-Fankultur der Neunziger lobpreisen und die seitdem massiv gewachsene Indie-Gameszene auf Itch und Konsorten ignorieren. Ich schrieb irgendwann letztens mal über Porngames und Datingsims und wage zu behaupten, damals wie heute wirds zwei Ecken weiter im Netz gelegentlich seltsam. Vieles von den damaligen Geocities-Communities und Themenringen findet heute halt in Fandoms, -fictions und Wikia statt, und ich tickerte mal über AO3 und behaupte tapfer, das ist so nischig wie nur was und dabei größer als alles, was in den Nullerjahren die „Best viewed with Netscape Navigator“-Buttons unter die Linkliste pappte.
Und in einer Zeit, wo man beim oberflächlichen Guckenwollen zu allem im Netz erst mal einen aus dem größten gemeinsamen Nenner zusammengerührten Haufen AI-Slop hingerotzt bekommt, macht mir das Schräge zwei Ecken weiter viel Freude. Und dass es nicht immer leicht zu finden ist, nun ja – das blieb sich ziemlich gleich. Heute muss man halt ein wenig genauer stöbern und auch mal ein paar Seiten Müll querscannen. Damals warteten wir aufs Fertigladen mit 33.6kB.
P.S. Tatsächlich fehlen mir bei Games/Walkthroughs ein wenig die skurrilen/persönlichen Aspekte der damaligen Fansites im Kontrast zur heutigen Massen-Crowdsourcerei auf gamecheats und Konsorten. Tatsächlich kommt keine der heutigen Plattformen in Sachen Monty Python-Games an die Genauigkeit und Detailtiefe von Bettypage ran. Whatever, Schwund ist immer.
P.P.S. Beim Korrekturlesen fiel mir erst die erstaunliche Parallele zwischen dem „Ich weiß nicht, ob CWOT zum Spielen im Sinne von anfangen und durchspielen gedacht war“ und den Überlegungen zum Thema von The Beginners Guide auf. Zwei extrem unterschiedliche Vertreter des Genres, und eine Ähnlichkeit, die ich selber noch beim Schreiben übersah. Mir fiels auf, es war nicht beabsichtigt, fügt aufs Erstaunlichste Vergangenheit und Gegenwart aneinander und ich musste es nachtragen.
P.P.P.S. Um einen anderen Blast from the Past hier ranzuziehen: vor einigen Jahren schrieb ich, dass irgendwann zu Beginn der CD-ROM-Zeit in den Neunzigern einige Versuche stattfanden bis scheiterten, hier neue Kunstformen zu schaffen und machte das am Beispiel von Peter Gabriels „Eve“ fest, das auf diesen Grat zwischen Versuch und Scheitern recht sicher balancierte. Ich bin unentschlossen, ob Projekte dieser Größenordnung und streitbarer Zielerreichung heute noch in dieser Form stattfinden. Wenn mir wer sagen würde, es werde halt weniger gescheitert und viele moderne Spiele sind Gesamtkunstwerke, die man damals einfach noch nicht machen konnte: Wer bin ich zu widersprechen?
Na, dann wirds doch Zeit für ein QVGA-Lets play-Filmchen über CWOT :)
Ich bin so dermaßen kein Lets Player :) …deswegen schreibe ich ganz oldschool Blogeinträge mit Quellen- und Installationstipps, damit andere schräge Vögel ihr jeweiliges schräger Vogel-Ding machen können.
Ich erinnere mich an ein Monty-Python-spiel, weiss aber nicht mehr welches und Details aber auch eher mau, aber; eine Szene, wo so eine Art Leichenwagen dargestellt ist, konnte man auf den Zeh einer Leiche klicken und dem Soundblaster ein „ich bin noch nicht tooot! entlocken.
Ist lang her, ich kann nicht genau sagen, wieviele 100 Male ich auf den Zeh geklickt habe, weils rein zu köstlich war. Und nein, gekifft hatte ich nicht…
Das ist die Quest for the Holy Grail, das Plague Village, ja. Da gibts auch diesen komischen Mast im Hintergrund, wenn man da draufklickt, erklärt auch jemand, hier jetzt sterbend zu liegen und die Vision zu haben, dass dereinst viele Masten wie dieser auf der Erde stehen würden, mit Drähten zwischen ihnen, Elektrizität transportierend für eine Gesellschaft, die in einer Flut von Information ertrinkt.
Ach, ach. Es ist alles noch da.