Rom bloggen

Ich bin grade extrem blogfaul, das ist eigentlich nicht gut. Dabei wollt ich ja das eine oder andere Wort über Rom verlieren, da war ich ja mit fliks das letzte Wochenende, ein paar Tage sowas wie Auszeit, netzlos, eine Gute Sache(tm) eigentlich, aber irgendwie kommt man ja nicht zum drüber schreiben, und ist dann auch immer hin- und hergerissen, was ein wenig erzählen angeht und einfach mal die Klappe halten, das soll ja gelegentlich auch was richtiges und wichtiges sein.

Es existieren ein paar Bilder aus Rom, und es gab schon das Statement, dass da wohl die deutsche Nazijugend Freigang hatte, nun ja, sinngemäß. Jedenfalls, Naziglatzen on Tour. Rein vom Äußerlichen wärs hingekommen. Eine der Romgeschichten, die mir im Kopf hängenbleiben werden, wird dieser eine Kellner in dieser einen Lokalität sein, der später zur Nacht an den Tisch kam und sich auf italienisch freute, dass die deutschen Gäste hier sich offenbar wohlfühlen, und dann etwas angedeutet und dann nochmal recht deutlich recht deutsch grüßte. Das Essen war prima, und im Rahmen dieses Zwischenfalls landeten einige harte Alkoholika auf unserem Tisch, die die Gastronomen gratis entsorgen wollten. Der Grappa war fein, ich mach mir bloss ein wenig Gedanken, ob ich den gekriegt hab, weil ein italienischer Kryptofaschist mich für nen deutschen Kryptofaschisten bzw. nen offen bekennenden Nazi hielt. Vermutlich sollte man sich darüber keine Gedanken machen und einfach den Grappa trinken, wenns nicht so war, dann ist eh alles ok und wenns so war, hat man ein paar italienischen Nazis den Schnaps weggesoffen, beide Deutungen sind an sich eher erfreulich.

Ein wenig gehts mir trotzdem nach, das hat auch mit meinem Romeindruck an sich zu tun. Ich guck mir Städte ja immer gern unter dem Gesichtspunkt „Graffiti“ an, was mir ja seitens Bertolts schon einigen Hohn und Spott eingebracht hatte, wenn ich denn mal wieder die Tags und Bombings als „Aneignung öffentlichen Raums durch deviante Jugendkultur“ interpretierte. In Rom macht das wirklich Spass, unser Hotel war an sich in ner eher besseren Gegend, und allenthalben waren wahlweise rechte und linke Parolen und Embleme an den Hausmauern, und mit wiederum linken bzw. rechten Texten und Emblemen überschrieben, durchgestrichen, gecrossed, und das ist mir unglaublich sympathisch. Es wird um den öffentlichen Raum gekämpft, und dieser Kampf darf – soll? – sichtbar sein. Ich mag Stadtviertel, denen man es ansieht, dass es Nazis dort gibt und denen man es ansieht, dass es auch Antifas gibt, die was gegen erstere haben, und denen man es ansieht, dass da eine Auseinandersetzung stattfindet. Vor allem, wenn die Faschos kein Land sehen dabei, das ist dann ganz prima.

Das ist diesbezüglich alles ein wenig sorgloser gewesen. Auch wenn im Petersdom nirgends satanische Parolen im Treppenhaus waren. Das ist fast ein wenig schade.

Gesammelte Ideen zum Christenverunglimpfen:
– Selbstmordanschlag im Petersdom via Sprung aus der Kuppel (man wird btw. beim Eintritt in den Petersdom flughafenartig auf Metall gescannt, meine Springerstiefel sprangen im Gegensatz zu den Flughafenkontrollen, die ich regelmäßig in Socken absolvieren durfte, detektortechnisch nicht an, das sollte die Fantasie anregen)
– Rekonstruktion des Petersdoms in verschiedenen Fantasy-Rollenspielen. Von oben betrachtet befindet sich zentral eine komische Innenhütte im Bauwerk, das mich derbe an das „Heart of the Dungeon“ in Dungeon Keeper erinnert. Wieviel Mana wird im Vatikan täglich gezapft?
– Überhaupt sind christliche Kleriker in den einschlägigen Genres unterrepräsentiert. „Hey, da unten, die Typen in den gruenen Roben, jetzt bewegen sie sich! Was haben die für Angriffswerte?“
– Allgemein ist das Christentum zu unmilitant. Es wär einfach schön, wenn unpassend unkeusch gekleidete Vatikanbesucher von Jubelpersern mit Dachlatten zum allgemeinen Gaudium vor Ort verdroschen werden.
– Die Katholen haben dieses Ehrfurchtsdings derbe drauf. Netzkompatibel sind sie indessen nicht. Diese grossgeschriebenen Parolen in den diversen Kultstätten weckten bei mir immer die Assoziation, DASS ICH GRADE ANGESCHRIEN WERDE. „TU ES PETRUS“, himmel, Gott, schreib klein, du nervst wie Hölle.
– Überhaupt ist das sehr spannend, der allgegenwärtige „wir sind himmlisch legitimiert“-Kram. Der Petersdom ist voll von Referenzen an die Schlüssel des Himmelreichs, die bekanntermaßen der katholischen Kirche gegeben sind, zu lösen, was auf Erden zu lösen ist, dergestalt auch zu binden, und dies alles natürlich mit der himmlischen Entsprechung und Absegnung. So sicher scheint man sich seiner Sache dort nicht zu sein, das wird dazu zu derbe kultiviert.
– Nichtsdestotrotz können gegen die derbst geile christlich-abendländische Kultur die ganzen Kameltreiber nicht anstinken. Das so ein Haufen alter Steine dort, und das alles von Menschen gemacht, was ist da so ein alberner Meteor dagegen, den sie in Mekka anbeten? Nicht mal das haben sie selber hinbekommen, nein, da muss was vom Himmel fallen zu.

Ja, den Satz musst ich nun bringen. Wenn ich schon am Religionsdissen bin, mach ichs gern in alle moeglichen Richtungen. Es soll sich niemand beklagen koennen, ich hätt ihn nur ungenügend angepisst. Und dass ich diesbezüglich geradezu eh zum Erbrechen tolerant bin, hab ich irgendwo bereits erwähnt.

Irgendwie hatten wir noch ne ganze Latte weiterer guter Gedanken zum Thema, aber die fallen mir grade nicht ein. Immerhin, die hier sind jetzt mal on Air.

Kategorie: ich gegen die wirklichkeit, mac hell 1: job. permalink.

2 Responses to Rom bloggen

  1. bertolt sagt:

    Es ist ja allgemein bekannt, daß Sozialpädagogen, -arbeiter, »-wissenschaftler«, etc. sich eines eher weit gefächerten und schwammig verwendeten Kulturbegriffs bedienen, der sie in Einzelfällen durchaus in die Lage versetzt, dummes Geschmiere und zerkratzte Scheiben als »Jugendkultur« zu bezeichnen. Es wundert uns darum nicht, daß dabei insbesondere die Soziologen und Sozialpädagogen mit der ihnen eigenen Vorliebe für sinnlose Fachtermini bei den betreffenden verhaltensgestörten Vorstadtjugendlichen durch den Gebrauch von Wörtern wie »gecrossed«, »bombing« und »taggen« sich anzubiedern versuchen.
    Doch auch gegenüber weniger sozial Benachteiligten wird mit wachsender Tendenz der Versuch unternommen, durch Mystifizierung von Banalem und dem ostentativen Umgang mit vermeintlichem Insiderwissen, Interesse zu wecken und Vorbehalte im Keim zu ersticken.
    Wir beziehen uns naturgemäß (und insbesondere wenn von der Stadt Rom die Rede ist) auf einen Kulturbegriff, der an der Etymologie anknüpfend, auf lat. »cultura«, also »Pflege« aufbaut. Die damit notwendigerweise verbundene geistige Pflege i.e. die Ausbildung intellektueller Fähigkeiten gerät bei den Schmierfinken und ihrer pseudoakademischen Lobby bedauerlicherweise ins Hintertreffen. Von Devianz kann hier schon allein deshalb nicht gesprochen werden, weil mittlerweile Europas Klein-, Mittel und Großstädte flächendeckend mit Dreibuchstabenkringeln vollgesprüht sind.
    Jedem auch nur zu elementaren Denkoperationen Fähigen wird es einleuchten, daß sich der »Kampf um den öffentlichen Raum« mitnichten im wechselseitigen Überpinseln pubertärer Lebensgefühlsausbrüche vollzieht.
    Es ist unbestritten, daß die strafrechtliche Verfolgung von Schmierfinken (wie auch von Drogenabhängigen etc.) in unseren Breitengraden in keinem Verhältnis zum Umgang etwa mit Steuerhinterziehern oder Umweltkriminellen steht. Ich stimme Herrn Goldt zu und würde e.g. Händeabhacken auch für eine überzogene Reaktion halten; möchte an dieser Stelle aber trotzdem einmal mehr an Etienne Barilier erinnern, der gesagt hat: »Das Gegenteil von Gewalt ist nicht die Milde, sondern das Denken«.

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